„Ich habe Mali mit meinem 5-jährigen Sohn verlassen. In der Nacht, in der wir in das Boot steigen sollten, wurden wir getrennt.“

DATUM

Rouba ist 23 Jahre alt. Er verliess Mali mit seinem 5-jährigen Sohn. Sie wurden getrennt, als Rouba als erster auf ein Boot steigen sollte, um das Mittelmeer zu überqueren. Rouba wurde am 31. Juli 2021 von unserer Crew gerettet. 

Ich habe Mali mit meinem 5-jährigen Sohn verlassen. In der Nacht, in der wir in das Boot steigen sollten, waren zu viele Menschen am Strand und wir wurden getrennt. Mein Sohn wurde mit anderen Menschen auf ein kleines Boot gesetzt. Die Schmuggler liessen mich nicht zu ihm. Sie haben das Boot mit ihm einfach ins Wasser gestossen. Ein Freund von mir hatte es auf das gleiche Boot geschafft. Ich konnte tagelang nicht aufhören zu weinen. Ich war drei Nächte hintereinander wach. Mein Freund und mein Sohn sind jetzt in Mailand. Ich hoffe, dass ich sie dort finden werde. 

Meine Frau ist immer noch in Mali. Ich möchte so schnell wie möglich wieder mit ihr zusammen sein, aber ich würde nie wollen, dass sie diesen Weg riskiert. Ich würde niemals wollen, dass sie nach Libyen geht. Dort werden Frauen und kleine Kinder verkauft, und die Eltern müssen zahlen, um ihre Kinder zurückzubekommen. 

An dem Tag, an dem ich in Libyen ankam, wurden zwei meiner Freunde erschossen. Ein Freund aus Mali und einer aus Liberia. Wir waren 15 Personen, auf die geschossen wurde. Zwei von uns starben und fünf wurden ins Gefängnis gebracht, darunter mein grosser Bruder und mein Neffe. 

Ich möchte nicht, dass jemand aus meinem Land nach Libyen kommt. Ich selbst wollte nicht gehen, aber ich bekam kein Visum, um nach Frankreich zu gehen. Ich hatte keine Möglichkeit, meine Familie in Mali zu unterstützen, also musste ich mein Schicksal herausfordern. Ich wusste nicht, worauf ich mich einlasse.

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Das Interview wurde im August 2021 von Julia Schaefermeyer an Bord von Ocean Viking geführt. 

Photo : Flavio Gasperini / SOS MEDITERRANEE

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